Nisthilfenreinigung Sept. 17 - Ornithologischer Verein Gais AR

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Nisthilfenreinigung Sept. 17

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Klang-Moor-Schopfe: Rundgang mit Gaiser Ornithologen im Hochmoor
Artisten, Architekten und Räuber im Kleckelmoos
440 Nistkästen kontrollieren Röbi Nagel und Rainer Ernst jedes Jahr. Am Montag nahmen sie Interessierte mit auf ihre Tour ins Kleckelmoos im Gaiser Hochmoor und erzählten ihnen von den geheimen Leben der Sumpfmeise, Kleiber, Neuntöter und Waldkäuze.
 
Der Kleiber kommt meist spät in Gais an und hat dann Mühe, eine Unterkunft zu finden. Da kann es sein, dass er einen bereits bewohnten Nistkasten besetzt – unbeeindruckt davon, dass vor ihm schon ein Vogelpärchen darin eine Familie gegründet hat – und baut sein Nest auf den Resten der «Vormieter» und wie im vorgefundenen Fall auch auf den toten Jungvögeln. Der Kleiber ist aber auch ein Akrobat: Als einziger heimischer Vogel kann er nicht nur den Baumstamm hinauf sondern kopfüber auch hinunter kraxeln.
 
Die Natur ist nicht immer lieblich aber immer faszinierend, das erfuhren die zehn Erwachsenen und drei Kinder, die am Montagabend Röbi Nagel und Rainer Ernst vom Ornithologischen Verein Gais ins Kleckelmoos begleiteten.
Im Hochmoor zwischen Schachen und Starkenmühle, am Fuss des Hirschbergwaldes, führten sie die Gruppe im Rahmen des Festivals «Klang-Moor-Schopfe» zu einem guten Dutzend Nistkästen. Die beiden reinigen und katalogisieren jedes Jahr 440 Nistkästen. «Die Vögel schätzen saubere Nistplätze, wenn sie zurückkommen um hier zu brüten», erklärte Rainer Ernst. Er hat vor einigen Jahren die Ausbildung samt anspruchsvoller Prüfung zum Feld-Ornithologen absolviert.

Er führt genau Buch darüber, wer in welchem der nummerierten Nistkästen gewohnt hat, ob der Platz nur zum Schlafen genutzt wurde, was etwa anhand von Kotspuren erkennbar ist, ob eine Familie darin gewohnt hat, wie an der flauschigen Kuhle im akkurat gebauten Polster der Nonnenmeise ablesbar ist oder ob sich gar ein «Fremdling» eingenistet hat wie die Kletterkünstlerin Zwergmaus mit ihrem Knäuel-Bettchen aus Heu.
 
Frühherbstliche Ruhe
 
Sechs grössere Nistkästen hängen so hoch in den Fichten, dass Röbi Nagel sie nur kletternd erreichen kann. Sie sind ein Angebot für Waldkäuze. Ob einer eingezogen ist, erkennt man am Gewölle, das manchmal am Fuss des Baumes zu finden ist, ein Haarball mit unverdaulichen Resten der Beute, die der Kauz aus dem Magen gewürgt hat. Die in Form und Grösse auf die Bedürfnisse der verschiedenen Vogelarten abgestimmten Nistkästen sollen den gefiederten Waldbewohnern das Nisten im Hochmoor erleichtern.  
 
Viele der zeitweise hier ansässigen Vögel sind schon in den Süden gezogen. Es ist ruhig im lichten Wald, auch weil das von Gezwitscher und Tirillieren begleitete Werben längst vorbei ist. Geblieben sind noch Rauchschwalben, deren Zirpen zu hören und deren Flugkünste im Abendlicht zu bewundern sind. Und am Montag kreuzten schnatternd ein paar Enten über dem Biotop. Über den Winter werden unter anderen Buchfinken, Amseln, Meisen, Rotkehlchen und Kleiber hier bleiben.
 
Individuelle Wohnungen
 
Wenn die Jungvögel ausgeflogen sind, können die Nistkästen geöffnet werden. Rainer Ernst erklärte die speziellen Bauweisen der Nester und wie man anhand des Baumaterials die Bewohner identifizieren kann: Die Tannenmeise platziert in zweiwöchiger Bauzeit die Nestmulde in der Ecke des Kastens, sie brütet bis zu 15 winzige Eier aus – «ein unvorstellbarer Stress für so einen kleinen Vogel», wie er sagte. Ein Kälteeinbruch oder der Tod eines Altvogels kann die ganze Familie umbringen. Die Sumpfmeise polstert die Mulde mit Unterwolle des Fallwilds aus, und die jungen Kohlmeisli laufen gern im Kreis und trampeln das Nest aus Grashalmen flach bevor sie zum ersten Flug aufbrechen und nie mehr heimkehren.
 
Familie Kleiber mag es dunkel und so mauert das Weibchen Ritzen und das Eingangsloch fast zu. Der Gartenrotschwanz mag es heller und bezieht darum die Nistkästen mit zwei Eingängen. Ein einzelnes grosses Loch wäre eine Einladung an Räuber wie den Specht, das Gelege auszuräumen. Dem Grauschnäpper hingegen genügt eine Nische zum brüten.
 
Am Ende der Tour schreckte Röbi Nagel einen Buntspecht auf. Dieser hatte das mit Plastik verstärkte Flugloch mit Schnabelhieben für seine Grösse erweitert. Ein anderer Nistkasten wurde von Hornissen okupiert. Das filigrane mehrstöckige Wabenbauwerk wurde von allen Seiten bestaunt.
Von der Eiszeit geformte Landschaft
Röbi Nagel ist seit jungen Jahren im Ornithologischen Verein Gais engagiert, der gegen 60 Mitglieder zählt. Er sei «in den Verein und meine Aufgaben hineingewachsen», wie er in der gemütlichen Runde am Schluss der Tour im «Piccolo Arsenale» (Schützenhaus Brunnenau) erzählte. Er hat nicht nur den Grundkurs Ornithologie absolviert, sondern ist auch ausgebildeter Feld-Botaniker.
So erklärte er zu Beginn des Rundgangs wie das Hochmoor während etwa 7000 Jahren entstanden ist. Der 250 Meter dicke Rheingletscher hat Mulden im zu Lehm komprimierten Gelände hinterlassen, die nach der Eisschmelze zu Seen wurden. Vermodernde Pflanzen verursachten deren Verlandung; es entstand Torf. In den beiden Weltkriegen wurde viel davon abgebaut. Ein Teil des Moors wurde entwässert, um Weideland zu gewinnen.
Moränen am Rand des Moors verhinderten nach der letzten Eiszeit den Zufluss von mineralisiertem Wasser aus den umliegenden Hügeln. Dadurch entstand saurer Boden, auf dem spezialisierte Pflanzen gedeihen wie jene der Rietwiesen. Röbi Nagel zeigte den Teilnehmenden die fünf Indikatorpflanzen eines Hochmoors: Die mit den Cranberries verwandten winzigen Moosbeeren, das Torfmoos mit seinen sternförmigen Köpfchen, das Scheidige Wollgras, die Rosmarinheide und der insektenverdauende, rundblättrige Sonnentau.
 
Beide Männer vermittelten nicht nur viel Wissen und spannende Vogel-Geschichten sondern auch die Freude an der Natur und die Leidenschaft, sich für den Schutz von Flora und Fauna einzusetzen. Sie machten deutlich, dass mit jedem Stück Rietwiese das verschwindet, der Speisezettel für die Vögel kürzer wird, weil die Insekten zu wenig Lebensraum haben. Dadurch siedeln sich wiederum weniger Vogelarten an – ein Teufelskreis. Um dem entgegenzuwirken, lassen die Bauern immer ein Stück Rietwiese stehen.
Dieser Artikel über die Reinigung der Nisthilfen wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom ANZEIGE-BLATT. Den Artikel verfasste Frau Monica Dörig, die auch die Fotos machte.
Wir vom OV Gais danken herzlich.
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