Mauersegler - Ornithologischer Verein Gais AR

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Mauersegler

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Mauersegler  in Aktion

Es ist noch früh am Morgen. Die Sonne steigt langsam hinter dem Sommersberg über den Horizont.
Noch ist es etwas kühl und der Himmel fast wolkenlos.
Das Rufen und Fluggeschehen der Mauersegler hat mich aus den Federn gelockt.  Im Gartenstuhl vor dem Haus lausche ich dem morgendlichen Vogelkonzert in den Büschen und Sträuchern. Doch plötzlich: Ein rasch nahendes Rauschen, gleich einer in den Tannenwald einfallenden Windböe. Das Rauschen wird begleitet von lauten, scharfen shriih..shriih…-Rufen und wie eine Jagdflugzeugstaffel schiesst eine Gruppe Mauersegler messerscharf an der südlich ausgerichteten Hausfassade vorbei. In weitem Bogen wendet sie, um ein paar Augenblicke später mit gleicher Geschwindigkeit und Präzision an der östlich gelegenen Dachkante vorbei zu jagen. Ein Schauspiel, welches diesen Flugkünstlern offensichtlich Spass bereitet und eindrücklich zeigt, wie die Evolution sie einem Leben in der Luft perfekt angepasst hat.



Dieses äusserst rasante Vorbeifliegen an den besetzten Nistkästen wird von den alten, brütenden Vögeln lautstark erwidert. Doch nicht immer wird vorbei geflogen, sehr oft wird der Flug brüsk abgebremst und die Jungvögel hängen sich an die Einfluglöcher der besetzten Kästen. Das löst ein grosses gegenseitiges Gezeter aus und die Brüter geben damit klar zu verstehen: Halt, dieser Kasten ist besetzt! Auf diese Art werden auch andere Stellen an der Hausfassade angeflogen und begutachtet. Solches Verhalten wird damit erklärt, dass die zwei-jährigen Jungvögel, die so genannten „Vorbrüter“, auf diese Art Nistplätze ausfindig machen. In diesem Jahr werden sie zwar ein Nest besetzen, aber noch nicht brüten. Das heisst, dass sie erstmals mit drei Jahren geschlechtsreif werden.
Äusserst interessant ist auch die Beobachtung, wie zwei Spatzenpaare mitten in der Seglerkolonie mit Erfolg ihre Jungen aufziehen. Natürlich muss der Sperling dem stärkeren Mauersegler bei der Nistplatzbelegung den Vorrang lassen. Sind nicht genug Nistmöglichkeiten vorhanden, dann können mögliche Auseinandersetzungen für den Schwächeren tödlich enden.
Bei dieser Gelegenheit sei einmal mehr die grosse Bitte angebracht, bei Dachsanierungen die Unterdächer nicht hermetisch abzuschliessen. Sollte das Verschliessen unumgänglich sein, dann können in den meisten Fällen mit geringem Aufwand Ersatz-Nistmöglichkeiten geschaffen werden.     
Die Mauersegler sind sehr standorttreu und wenn sie im nächsten Jahr nach langer Reise aus Südafrika vor geschlossene Haustüren kommen, dann fallen mit grösster Wahrscheinlichkeit Jungbruten aus. Die Mauersegler sind äusserst reinlich und verkleckern keine Hausfassaden. Wenn wir ihnen die Nistmöglichkeiten nehmen, dann erleiden sie das gleiche Schicksal wie die Schwalben in unserem Dorf, dies gilt insbesondere für die Mehlschwalben. Diese Feststellung deckt sich absolut mit den neuesten Erhebungen der Vogelwarte Sempach.
Mittlerweile ist es ca. 8:30 Uhr geworden, die Flugschau hat an Intensität abgenommen und mit dem Lockruf eines Trauerschnäppers in der nahen Birke rufen andere Verpflichtungen.  
                                                                                                                                              
Rainer Ernst

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